Kieler Umschlag vor dem k.o.?

Was wird aus dem Kieler Umschlag? Nachdem Veranstalter Wolfhard Walde das Handtuch geworfen hat, bangen und hoffen die Kieler und ihre Stadtoberen, dass „dem Bürgermeister sin Büx“ doch noch – wie´s der Brauch verlangt – am letzten Februar-Wochenende am Turm der Nikolai-Kirche flattert, während ein Bratwurstduft durch die Innenstadt wabert. Dabei ist die Tradition mit der Amtshose noch gar nicht so alt. Erst 1975 hatte die Fördergesellschaft „Lebendiges Kiel“ den Umschlag reanimiert, der nach einer turbulenten Hochzeit im 16. Jahrhundert sang- und klanglos eingeschlafen war, und zwar genau drei Jahre vor Ausbruch des ersten Weltkriegs. Die Ursprünge des Festes führen weit zurück. Seit 1431 gab es einen jährlichen Freimarkt in der Kieler Altstadt, auf dem Gaukler, Tänzer, Schausteller und Komödianten das Volk belustigten, während die Adeligen und Kaufleute in den Hinterstübchen ihre Geldgeschäfte abwickelten. Nun steht der Kieler Umschlag auf einmal vor dem Knockout. Wolfhard Weide von der Veranstaltungsfirma WOGE bedauert selbst den – eher schleichenden als plötzlichen – Exitus der von ihm betreuten Kult-Veranstaltung: „Wenn sich an der finanziellen Beteiligung nichts ändert, kann ich das so nicht mehr machen“, bedauert der Mann aus Dersau. Sein Vorwurf: Stadt, Fremdenverkehrs-Marketing und Kaufmannschaft hätten ihn hängen lassen. Von Seiten der Stadtverwaltung wird hingegen Kritik am bisherigen Festverlauf laut: „Der Kieler Umschlag war früher ein wichtiges Winterfest. Um ihn wieder dahin zu bringen, muss die Qualität deutlich gesteigert werden“, erklärt Oberbürgermeister Ulf Kämpfer gegenüber dem ULTIMO. Zugleich schwingen nachdenkliche Töne mit. Stadt und Kiel-Marketing würden sich „nötigenfalls auch wieder stärker engagieren“. Die Veranstaltungsrechte ruhen derweil bei der Firma Eventbüro Kiel, die ihrerseits nichts unversucht lässt, die Stadt mit heißen Umschlägen gegen Februarende aus dem Winterschlaf zu wecken. Die Hoffnung stirbt zuletzt. Vielleicht wird das traditionelle Umschlag-Phantom Asmus Bremer ja doch noch Ende Februar wachgerüttelt, auf dass der untote Altbürgermeister über die Innenstadt-Kirmes wanke – von Mittelalterstand zur Zuckerbude und zurück. Spätestens im nächsten Jahr, nach einem ausgiebigen Schönheitsschlaf. Jutta Ehmsen

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