Ein Leitfeuer wird fünfzig

Rot-weiß erhebt er sich übers Meer. Nur Lotsen, Techniker – und drei Köchinnen dürfen seinen Betonsockel in der Außenförde betreten. Ein Mikrokosmos, in dem es nach Rührei und Diesel duftet. 50 Jahre steht der Leuchtturm von Kiel drei Seemeilen offshore und grüßt die Seefahrer von nah und fern. Sein Leitfeuer kennzeichnet nicht nur die Kanaleinfahrt, sondern auch die Routen nach Flensburg und Fehmarn. Rote Sektoren warnen vor den Untiefen von Stoller-Grund, Gabels-Flach und Klevenberg. In Zeiten von GPS wissen Segler vor allem die Winddaten der Wetterstation auf dem Turm zu schätzen, die im Internet (windfinder.com) abzurufen sind. Und die Lotsen machen es sich rund um die Uhr gemütlich in der halbrunden Kantine oder den Schlafräumen, in denen sie die Zeit zwischen zwei Einsätzen zu überbrücken. Es ist wenig Verkehr am Vormittag des längsten Tages des Jahres rund um die Lotseninsel. Russland-Boykott und sinkende Schweröl-Preise machten sich am Kanal bemerkbar, munkelt man in der Messe. Zwei Schornsteinfeger genießen gerade das „beste Rührei der Welt“, wie der Meister betont. Küchenkraft Jutta Steffen, so alt wie der Turm, freut sich übers Kompliment: „Ich bin hier eine von drei Luxus-Stewardessen“. Pünktlich zum Jubiläum glänzen im Speiseraum nicht nur Boden und Wände wie neu, auch die Trinkwasserversorgung soll sich in diesem Jahr mit einer Entsalzungsanlage vom Land unabhängig machen. Zwei Lotsenboote pendeln Tag und Nacht zwischen der Außenstation und den Schiffen hin und her. Denn Tanker und alle Schiffe, die über 90 Meter lang, 13 Meter breit oder acht Meter tief sind, müssen schon in der Außenförde einen Führer an Bord nehmen, der sie sicher und heil durch die Falckensteiner Enge geleitet. Eine Ausnahme wird nur bei erfahrenen Fährkapitänen gemacht, die alleine durch die schmale Rinne finden. Die Leuchtturminsel ist in L-Form konstruiert. Anlegemöglichkeiten gibt es auf allen Seiten der Plattform, damit die Lotsenboote auch bei rauem Wetter längsseits gehen können. Die Kieler Bucht ist kein leichtes Fahrwasser, wie auch jeder Freizeitsegler bestätigen kann. So wurde schon 1904 ein rotes Feuerschiff namens Bülk eine Seemeile südöstlich der Förde positioniert, das 20 Jahre später zwei Seemeilen nordöstlich verlegt wurde. In den 30er Jahren folgten die Feuerschiffe Kiel 1 und 2, die im Krieg gleich zweimal sanken. Am 5. Juli 1967 war es endlich soweit. An diesem historischen Tag ging die heutige Anlage in Betrieb. Das Leitfeuer, 18 Seemeilen sichtbar, thront auf einem Fundament aus Stahlbeton. Drei Betonkästen halten die künstliche Insel auf dem 12,5 Meter tiefen Meeresgrund stabil, damit das Wahrzeichen auch die nächsten Jahrzehnte unbeschadet Wind und Wetter trotzen kann. Jutta Ehmsen

Bild: Deftig: Jutta Steffen serviert Rührei auf Speck.

Bild: Christopher Kardolsky bringt das Geburtstagskind auf Hochglanz.

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